Künstler: digital underground
Album: The Lost Files
Plattenfirma: Lil Butta
Spielzeit: 44:59

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01. On One (5:03)
02. X for tha Ear
(3:15)
03. People over the Stairs
(4:19)
04. Mind Bubble
(4:14)
05. Voodoo Woman
(4:10)
06. How Long (3:20)
07. Nothin' Has Changed (3:49) 
08. Phone Call Away (4:04)
09.
Strawberry Letter 23  (3:38)
10. I Been Watchin' You (3:51)
11. Know Me, Feel Me (4:22)
Anspieltipps: On One,Mind Bubble & Strawberry Letter #23

Da das Album ein low-budget Projekt ist, sucht man jede Art von Credits vergeblich. Es ist weder ein Inlay enthalten, noch existiert ein Barcode auf dem Backcover.

Track 1: On One (5:03)

"Rhythm is both - The song's manicure and its demonic charge". Mit nun wirklich absolut keinem anderen Satz hätte man diesen Song besser beginnen können. Zu den überraschend entspannenden mittempo Drumkicks gesellen sich die sehr sporadisch eingesetzten Piano- und Basseinlagen. Vor allem das Piano, das sowohl melodiös als auch düster mit entsprechend dunklen Akkorden eingesetzt wird, gibt dem Song sehr viel von seiner Qualität. Dass Shock G bei Lyrics wie "You ever thought like Lucky Eddie? Like everything is possible, well tonight I'm unstoppable, my bubble is unpoppable, I'm on one, I'm poppin' it / I don't believe I can fly like the Space Jam men, I know I can, flyin' around right now like your man Peter Pan" noch steif und fest behauptet, nicht high zu sein kann ich ihm beim besten Willen nicht abkaufen. Als wenn diese Zeilen allein vom Inhalt her nicht schon auf ein erweitertes Bewusstsein hinweisen würden ist Shocks Delivery so unglaublich relaxt und cool, dass ihm die Nüchternheitskundtuungen wirklich keiner mehr abnehmen kann. Die underground Mitglieder neben Shock setzen hier in der Regel mehr auf die Rapschiene, was dem Song nicht schadet, aber dennoch klar macht, dass er ohne Shock nur die Hälfte wert wäre. Wenn Ice-T in "I'm Your Pusher" von Musik als Drogenersatz redet, dann muss er Songs wie diesen gemeint haben.

I ain't high, it's the mood I'm in right now, son
My brain's on the run, I could talk a quickie out of a nun
Yo, I'm on one, I'm poppin' it
I'm crystal clear, my karma's right tonight
Nothing can harm me, I feel my lucky and my charm
See, I'm on one, I'm poppin' it
~ Shock G

9/10

Track 2: X For tha Ear (3:15)

Wo "On One" aufgehört hat, macht dieser Song weiter. Allein anhand des Titels lässt sich natürlich wieder die Verbindung Drogen - Musik herstellen und Shock bezeichnet diesen Solosong auch nicht umsonst als Ecstasy für die Ohren. Der Track ist zwar deutlich schneller als der Opener, aber keineswegs weniger psychedelisch. Das Xylophon wird sich umgehend in eurem Kopf festsetzen und das Saxophon, obwohl bewusst in den Hintergrund gesetzt, wird den empfangsbereiten Zuhörer fesseln. Dazu kommt, dass sich Shock wieder einmal nicht entscheiden will, ob er den Song nun komplett rappend oder im Halbgesang performt. Neben Devin beherrscht wohl kaum jemand im Rap Business Gesang und Rap derart gut wie der digital underground Frontmann.

To keep from crackin' up like a duck
I need somethin' smooth to shoo my mind
And that's when the music pulls me in
And says could you kick it over here
Cuz over here we got the X for tha ear
~ Shock G

8/10

Track 3: People Over the Stairs (4:19)

Shock schreibt einen Brief an den Teufel und will ihm damit sagen, dass er ihn holen kommen kann. Der Teufel freut sich natürlich auf Shock und lässt ab und zu mal von sich hören. Die Production hat weder etwas Bedrohliches, noch etwas Diabolisches und ist trotz der du-untypischen Bassline eher unspektakulär. Für das Hörvergnügen sorgt hier alleinig Shocks unglaublich hypnotisierender Gesang, der mich den Song bei Zeiten in einer mehreren Stunden anhalten Wiederholungsschleife abspielen lässt. Shock lässt seinem Frust über Gott und die Welt hier freien Lauf, was zu dieser musikalisch sehr wertvollen Abrechnung führt und für mich den absoluten Höhepunkt des Albums darstellt.

Kings and Queens back in the day
But now we been reduced to pimps and playas
Started civilization, help build this nation, now I'm recognized as a bum
Even by my own woman, I'm just swimmin' in a cesspool
"Gotta get my mail on, fuck school"
Is the message that I'm gettin' you see
The people over the stairs ain't sweatin' me
~ Shock G

10/10

Track 4: Mind Bubble (4:14)

"Mind Bubble" ist Shocks Tupac Tribut. Shock wird in erster Linie von einem wenig spannenden Elektroriff, einigen Cuts und mehrstimmigem, weiblichen Gesang begleitet, was sich nicht gerade zu einem meiner Lieblingstracks von "Lost Files" zusammen setzt. Auch wenn die musikalische Komponente nicht vollends überzeugen kann, weiß aber Shock G den Song gewiss mehr als nur zu retten, in dem er einen der offensten und ehrlichsten Tributsongs auf die Beine stellt. Shock beschreibt seine Beziehung zu Tupac glaubwürdig, in dem er sich zuerst als Tupacs Lehrer und Wegführer bezeichnet, ohne sich dabei überlegen darzustellen. Außerdem macht er keinen Hehl daraus, dass sich das Verhältnis im Laufe der Zeit umdrehte und er sehr viel von Tupac lernte und dieser ihn extrem inspirierte.

You pulled me up, you dropped game on me
You pulled my coat and fed food to my brain, homie
-- Thought I hit my limit but you took me higher
-- You flipped me over like clothes in a dryer
You flipped me like a pancake, you let me peep
You put my cap back when I was asleep
~ Shock G

7/10

Track 5: Voodoo Woman (4:10)

Dank dem mysteriösen und partiell teuflisch bis hypnotisierenden Beat eine stilgerechte Präsentation einer wohl sehr anziehenden und fesselnden Frau, die ihre zukünftigen Lover mit einem unbrechbaren Zauber belegen kann. Das Konzept wird von Shock, seinen du-Kollegen und den Backgroundsängerinnen sehr gut herüber gebracht und so reiht sich auch dieser Song in das bisher durchweg positive Gesamtbild der vermeintlichen Überbleibselkollektion "Lost Files" ein.

Mercy, mercy this can't be
But the freaks and the beats takin' over me
-- You gotta do what we do too cause the freaks and the beats got voodoo
~ Shock G

7,5/10

Track 6: How Long (3:20)

Klassischer Money-B/Shock G Duo Song, wie wir ihn bereits seit Ende der 80er kennen. Konstanz gibt es auch in musikalischer Hinsicht zu vermelden, denn auch das Instrumental dieses Songs gehört zu der Kategorie "langsam und entspannend". Komplettiert wird die Stimmung durch die ständigen rhetorischen Fragen der zwei digital Hauptakteure und die unumstößliche Feststellung, dass uns der underground viel zu lange auf Beats wie diesen hat warten lassen. Kurz ansprechen möchte ich noch das kleine Instrumentaloutro, das so genial ist, dass ich wünschte es würde länger andauern.

Now it's been a long time, we shouldn't have left you
Without a freaky, fatty D-Flow beat to step to
Thinkin' about the days where Freaks of the Industry left you
Hot like wako taxes - yeah sorry that we slept too long
~ Shock G


7,5/10

Track 7: Nothin' Has Changed (3:49) 

Hier wird man nun wirklich mit dem typischen D-Flow Funk der frühen 90er Jahre versorgt und alle Fans von "Sex Packets
", "Sons of the P" und Co. dürften sich wohl aufgehoben fühlen. Auch hier handelt es sich wieder um ein Shock G Solo, wobei Shock den Chorus singt, eine komplette Rapstrophe performt und den restlichen Song als Gesangs-Rap-Combo gestaltet. Ich schätze so etwas nennt man ein Multitalent. Ein weiterer gelungener Trip mit dem D-Flow Shuttle und ein klassischer digital underground gute Laune Song.

We need the FUNK, don't be alarmed, ain't nothin' changed
We been around the world but yo', we still can drop the bomb
~ Shock G

7,5/10

Track 8: Phone Call Away (4:04)

Auch wenn Shock hier fast ausnahmsweise keinen Solosong hat, und sich der Großteil der du Sippe an dem Song beteiligt, führt Shock den Song dennoch deutlich an. So gestaltet er das Intro, das Outro, singt den Refrain und steuert noch eine Rapstrophe bei, in der er gegen Ende sich selbst mit Backgroundgesang unterstützt. Inhaltlich richtet sich der Song an die quasi-Freundinnen der digital Crew: Die Jungs wollen sich natürlich nicht einengen lassen und sind jeder Zeit 'nur' einen Anruf entfernt. Na, welche Frau würde denen etwa nicht trauen? 

Now oh let me go, let me go, let me know if you wanna know the world
Cause fo' sho' I gotta go, when opportunity comes knockin', don't be blockin'
I gots to get into my flow ~ Shock G

7/10

Track 9: Strawberry Letter 23  (3:38)

Ein Cover des 1971er Songs von Shaggie Otis, der bereits sechs Jahre nach seiner Veröffentlichung in einer von Quincy Jones produzierten Version der Johnson Brothers, welche den Bekanntheitsgrad des Originals deutlich übertraf, gecovert wurde. Was bereits für die beiden Versionen aus den 70ern zutrifft, schafft Shock hier in die Neuzeit zu übernehmen und den psychedelischen Sound auf seine Art um ein Vielfaches zu verstärken. Von dem Pianointro (hier muss einfach noch die mehr als nur geniale seitenalternierende Basssequenz erwähnt werden) bis hin zum -outro weiß dieses Cover zu überzeugen und Shocks Gesang zu hypnotisieren. Die Genialität des Songs zeigt sich darin, dass man eben nicht das Glockenspiel der Quincy Jones Version wiederverwertete, sondern es schaffte dem Song einen eigenen Charakter zu verleihen. Das ist es nämlich, was eine gute Coverversion ausmacht.

Feel sunshine sparkle pink and blue
Playgrounds will laugh, if you try to ask is it cool, is it cool?
And if you arrive and don’t see me, that's why I’m gonna be with my baby doll and I'm free
I'm flyin' in her arms over the sea
~ Shock G

9,5/10

Track 10: I Been Watchin' You (3:51)

Der Piano Man leistet mal wieder ganze Arbeit und der Groove wird trotz mangelnder Lyrics, in den ersten zwei Minuten bestehen die Vocals nur aus Samples und zum Großteil aus dem sich stetig wiederholenden Chorus, euch schnell begeistern. Money-B will es sich aber nicht nehmen lassen und trotzt der Lyricsarmut mit einer kleinen Rapstrophe, in der er dem Girl, an welches sich der Song richtet, seine eindeutige Abendplanung mitteilt. Perfekter Partyfunk und leichte Unterhaltung.

The way you move your body likes to drive me to drink
And I want you for your mind too but I can't see what you thinkin'
And girl if I can't see it, then it's gotta be real
Like Mel and Mo fo' sho, I would be chillin' if I could
~ Money-B


8/10

Track 11: Know Me, Feel Me (4:22)

Girl Drama Part 2, nun aber aus einer komplett anderen Sichtweise. Dieses Mal versucht eine, für Shock und seine Kumpels verbrauchte, uninteressante 'Schlampe' die underground Jungs dazu zu bewegen, sie weiter zu benutzen und beweist dabei nervend anmaßende Ausdauer. Musikalisch bleibt der Song nahe bei der typischen P-Funk, R&B und Rap Mischung des underground, was dann gepaart mit den Rap- und  Gesangseinlagen, denen man gerne zuhört, einen soliden Abschluss für die "Lost Files" bedeutet.

Now you can see the fear in her eyes on the night she arrived
Ugly was the atmosphere, terror was the vibe
I was a fool cause I really thought I owned her
Every night I boned her, I even loaned her
Out like a hat to the others
She got spanked if she acted up like as if I was her mother ~
Shock G

7/10

Dieses letzte digital underground Release ist mehr als nur erstaunlich
. Während andere Gruppen gegen Ende ihrer Karriere entweder völlig auf der Stelle traten, oder ihren einstigen Qualitäten nachtrauerten, ist selbst eine Kollektion von digital Songs, die es nicht auf die zurückliegenden Alben geschafft haben, alles andere als das Ausschlachten eines guten Namens. "Lost Files" ist ein Album, das vielleicht neben "Future Rhythm" unter dem größten Shock G Einfluss steht. Es ist stellenweise einen Vorgeschmack auf Shocks Soloalbum "Fear of a Mixed Planet" und es ist ein Album, das sich wie ein Drogentrip spielt und genau meinen Nerv trifft. Wärmstens zu empfehlen für alle, die wissen worauf sie sich einlassen und nicht etwa ein Rap Album erwarten.

Gesamtwertung: 4/5

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